Die Methode der Zeitzeugenbefragung
Der Begriff "Zeitzeugenbefragung" bezeichnet sowohl einen Quellentyp als auch eine geschichtswissenschaftliche Methode, bei der thematisch oder biografisch orientierte "[...] Erinnerungsinterviews als historische Quellen produziert und ausgewertet werden." 1 Prinzipiell werden die Phasen der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung unterschieden. Das Interview wird mittels eines Diktiergerätes und/oder einer Videokamera aufgezeichnet. Anschließend wird die Aufzeichnung ganz oder teilweise transkribiert, sodass die daraus entstandene schriftliche Quelle ausgewertet werden kann. 2 Von der Analyse einer oder - unter vergleichender Fragestellung - mehrerer Zeitzeugeninterviews erhofft man sich einen historischen Erkenntnisgewinn, der sich entweder aus dem Inhalt der Quelle erschließt 3 oder aus der Reflexion über dieselbe.
Die Durchführung eines Zeitzeugeninterviews stellt komplexe, fachbezogene wie fachübergreifende Anforderungen an Lehrer und Schüler, die sich über die Wahl eines Themas, das Finden eines geeigneten Zeitzeugen, die Planung und Durchführung des Interviews sowie die Auswertung und eventuelle Aufbereitung erstrecken. Um eigene historische Fragen zu entwickeln sowie in der Interviewsituation zielgerichtete Fragen und spontane Nachfragen stellen oder auf Widersprüche aufmerksam machen zu können, müssen die Schülerinnen und Schüler über Sachwissen verfügen, 4 das in der Regel vom Lehrer bereitgestellt werden sollte. Zudem bedarf es organisatorischer, kommunikativer wie auch sozialer Fähigkeiten, um einen geeigneten Zeitzeugen zu finden sowie Ort und Zeitpunkt des Interviews festzulegen. Die Umsetzung der Methode setzt jedoch ein verändertes Selbstverständnis der Lehrpersonen voraus: Sie sind Moderatoren und Koordinatoren und sollten bei diesem zeitintensiven Vorgang Hand in Hand mit den Schülerinnen und Schülern arbeiten. Dadurch erhalten sowohl Lehrer als auch Schüler die Möglichkeit, neue Kompetenzen zu schulen und sich neu zu begegnen.
Folgende Materialien können dabei hilfreich sein:
M 1 - Checkliste Zeitzeugeninterview - Schüler |
Fußnoten
1 Wierling, D., Oral History, in: Bergmann, K. (u.a.), Handbuch der Geschichtsdidaktik, S. 236. In den 1970er Jahren etablierte sich die Methode im Zuge der Öffnung der Geschichtswissenschaft für andere Themengebiete und Forschungsfragen wie beispielsweise der Alltagsgeschichte und ihrer Frage nach individuellen Lebens- und Wahrnehmungsweisen.
2 Vgl. Geppert, A., Forschungstechnik, in: GWU 5 (1994), S. 309f.
3 Mit Oral History lassen sich neue geschichtswissenschaftliche Erkenntnisfelder wie Konsens- und Dissenselemente einer Gesellschaft erschließen. (Vgl. a.a.O., S. 311.)
4 Vgl. Kaminsky, U., Oral History, in: Pandel, H.-J. (u.a.) [Hg.], Handbuch Medien, S. 457.