Lernen mit interaktiven Tafeln in der Schule

Lernen mit interaktiven Tafeln

Die Kreidezeit hat nun auch in der Schule den Anfang vom Ende gefunden. Die Kreidetafel soll schrittweise an immer mehr Schulen durch elektronische interaktive Tafeln ergänzt, teils aber auch ersetzt werden. Große politische Investitions- und Motivationsprogramme bemühen sich seit einigen Jahren weltweit, diesen Prozess zu befördern. Natürlich stellt sich die Frage, ob dies auch sinnvoll ist. Worin besteht der pädagogische Nutzen einer interaktiven Tafel? Wie sieht der Unterricht damit aus? Was müssen die Lehrkräfte leisten? Wird besser gelehrt und gelernt und lohnt sich somit die Anschaffung? Gibt es Alternativen?
"Computer im Unterricht" ist ein Thema, das fast so alt ist, wie der Computer selbst. Schon seit den Jahren seit 1960 gibt es Vorschläge, Software und pädagogische Modelle für den Computereinsatz an Schulen. Das elektronische Klassenzimmer war eine frühe Vision der Nutzung von Computern an der Schule. Die ersten Ideen haben den Ersatz des Lehrers durch programmierte Instruktion gleich mitgedacht. Zu beidem ist es auch fast 50 Jahre später nicht gekommen. Aber Computer halten trotzdem Einzug in fast jede Schule, in Form von Computerräumen, Notebook-Sets und auch interaktive Tafeln, um nur einige Formen zu nennen.

 

Ist die interaktive Tafel der nächste Meilenstein oder die nächste Technikruine in der Schule?

Unsicherheit an allen Fronten?

Der Prozess der Einführung von interaktiven Tafeln ist, wie schon die Einführung von Computern in anderen Formen, seit Jahren von großer Unsicherheit gekennzeichnet. Die Lehrkräfte fragen sich, was sie mit den neuen Technologien anfangen sollten. Was können sie damit besser vermitteln als mit den vertrauten klassischen Medien. Die Schulleitungen fragen sich, ob die Investitionen angesichts angespannter Haushalte und massivem Ausfall von Unterricht gerechtfertigt sind. Eltern haben Sorge, dass ihre Kinder noch mehr "computerisiert" werden, als sie es ohnehin schon sind. Was sagen die Schüler dazu? Sie lassen es auf sich zukommen und beobachten neugierig, was die Lehrerinnen und Lehrer da Neues zustande bekommen. Die Hersteller der Technologie werden nicht müde, neue Anwendungsmöglichkeiten und technische Verbesserungen zu erklären und die Technik als große Errungenschaft im Bereich der Schultechnologien darzustellen. Was sagt die Wissenschaft dazu? Vereinzelt werden wissenschaftliche Fallstudien berichtet, die einen mehr oder weniger erfolgreichen Einsatz einer interaktiven Tafel samt qualitativer Evaluation mit einer Klasse dokumentieren. Metastudien weisen tendenziell auf positive Potenziale wie Flexibilität, Multimedialität, Interaktivität und Motivation hin. Eine Signifikanz der positiven Effekte ist selten nachweisbar. Erfolge finden sich dabei bislang mehr in der Oberstufe als in Grund- und Mittelstufe.

Worin besteht der Nutzen für eine interaktive Tafel in der Schule?

Zunächst muss man generell feststellen, dass der Computer mit seinen Peripheriegeräten nur ein weiteres flexibles Medium ist, das in der Schule dann einen Nutzen entfalten kann, wenn es einen substanziellen Bezug zum vermittelten Stoff, zur räumlichen und zeitlichen Struktur des Unterrichts, zu den betroffenen Schülern und vor allem zur Lehrkraft aufweist.
Nur zu leicht kann es bei neuen Schultechnologien passieren, dass außer hohen Kosten in Anschaffung und Betrieb, erheblichem Mehraufwand in der Unterrichtsvorbereitung, technischen Problemen und entsprechend belustigten Schülerinnen und Schülern nicht viel an Effekten zu erkennen ist. Der Weg ist steinig und es gibt zu viele Beispiele von Ansätzen und Projekten, die im Sande verlaufen sind. Vor allem aber - und das ist folgenschwerer - geben Lehrkräfte auf, wenn sie merken, dass sie zur Vorbereitung des Unterrichts erst eine Schulung benötigen und dann ein Vielfaches an Zeit für die Vorbereitung der neuen Unterrichtsform aufwenden müssen. Es wäre müßig, an dieser Stelle die guten Ideen, Szenarien und Inhalte für den Einsatz von interaktiven Tafeln aufzuzählen. Diese existieren zweifellos. Fragen, die dennoch zu stellen sind:

  • Was kann man mit der interaktiven Tafel tun, was man anders nicht könnte und stimmt das Verhältnis von Aufwand zum Nutzen?
  • Wie lassen sich diese Systeme in der Schule pflegen, weiterentwickeln und langfristig finanzieren?
  • Gibt es andere Lösungen, die einen größeren Nutzen aufweisen?

 

Prof. Dr. M. Herczeg - Institut für Multimediale und Interaktive Systeme - Universität zu Lübeck