Physikunterricht - Warum?

"Was die Welt im Innersten zusammenhält"

An der Wiege der Physik steht die Neugierde, das Staunen und das Wissen Wollen, "was die Welt im Innersten zusammenhält". Immer wieder stellen sich Fragen nach dem "warum" oder "wie", wenn man mit wachen Augen durch die Welt geht und Phänomene aus Natur und Technik entdeckt.

Der Mensch sammelt Erfahrungen mit allen Sinnen, vom Auge bis zum Ohr, mit Tasten und Begreifen. Ein wichtiger Aspekt der Welterschließung ist das "Spielen", das spielerische Entdecken der Welt. Dies spiegelt sich in der ungebrochenen Faszination, nicht nur bei Kindern, von sich selbstständig bewegenden oder überraschenden physikalischen Spielzeugen, wie Kreiseln oder elektrostatischen Effekten. 

"Spielen" heißt aber auch, sich intensiv mit einzelnen Phänomenen auseinander zu setzen und in allen ihren Facetten zu untersuchen. So gehört zur Physik nach der Wahrnehmung und Beobachtung die konkrete Untersuchung im praktischen Tun: Es werden systematisch Experimente geplant, durchgeführt, ausgewertet und interpretiert, ein zentraler Bestandteil der physikalischen Methode. Neben der praktischen Erfahrung gehört auch die Abstraktion zur physikalischen Methode: Es werden konkrete Begriffe gebildet, Theorien werden entwickelt, Vorhersagen werden getroffen und mit Hilfe von Experimenten überprüft. Diesen Prozess vom Staunen über Phänomene hin zur Entwicklung eines systematischen naturwissenschaftlichen Denkens zu fördern, ist eines der großen Ziele des Physikunterrichts.

Aber die Entdeckungen der Physik gehen weit über das konkret Fassbare hinaus. Entsprechendes Fragen und Suchen beginnt mit den ersten Ahnungen in der Antike, dass die Welt aus Teilchen aufgebaut sein könnte, und reicht bis hin zu den neuesten Forschungen, die am neu in CERN gebauten "Large Hadron Collider" (LHC) in das Innerste der Materie vordringen und nach dem Ursprung der Masse suchen. In der Geschichte der Physik wurde immer wieder ganz Neues, vorher Ungeahntes, entdeckt, das weit über die Erfahrungswelt des Menschen hinausreicht wie z.B. die Relativitätstheorie, und dann doch gewaltige Auswirkungen auf den Alltag hat wie die Quantentheorie mit ihren unzähligen technischen Anwendungen vom Laser bis hin zur Vision eines Quantencomputers.

Ein übergreifendes Ziel der Physik ist es, in der Vielfalt eine zu Grunde liegende Einheit zu finden, grundlegende Prinzipien zu entdecken, auf die die Erscheinungen der Natur zurückgeführt werden können. Der prägnanteste Ausdruck dieses Strebens findet sich in der Suche nach der "Weltformel".

 

Die Physik ist angewiesen auf mathematische Strukturen, sie ist eine Grundlagenwissenschaft beispielsweise für Chemie, Biologie und Ingenieurwissenschaften; Methoden der theoretischen Physik werden sogar in den Gesellschaftswissenschaften eingesetzt. Daneben lassen sich zahlreiche Bezüge zu ganz anderen Gebieten der menschlichen Kultur wie Musik, Kunst, Literatur, Geschichte und Philosophie finden, in denen sich die Physik widerspiegelt.

So kann die Physik als eine faszinierende und umfassende Wissenschaft erlebt werden.

Prof. Dr. Gesche Pospiech

Technische Universität Dresden

Fachrichtung Physik - Didaktik der Physik